Bader Alois Peither

Behandlung von Kranken

Hausbesuche machte Alois Peither grundsätzlich nicht gerne. Nur in ernstesten Fällen wagte ein Bauer darum zu bitten: „Peither, i bitt di gar schen, meiner Alten geht’s recht schlecht. Wannst ös halt anschaust!“ „Wo failst denn ?“ ..... Aha, Einwendigwehtoan! J´gib dar a Medizin, die solls nehma und morgn kimmst wieda! Kenn eh dei alte Kraxn, glei wird’s eh net hin!“ Das verordnete Quantum war nie unter einem Liter. Wohl ein Abführmittel, etwas Himbeersaft, ein Fenchelwasser oder sonst ein harmloses Naturtränklein.

Am nächsten Tag ging die Ordination weiter. „Peither, i bitt di, es geht ihr no viel schlechter, schau das an!“ Nun ließ er sich zur Kranken führen, gefolgt von seinen treuen Bernhardiner Cäsar, der unter dem Wägelchen mitlief.

Unter der Stubentür blieb Peither bereits stehen und schielte durch die Kammertür zum Bett der Kranken. Stand es schlecht mit ihr, meinte er laut, dass sie die Worte hörte: „Stirbt schon! Stirbt, schon! Stirbt, schon!“, machte kehrt und fuhr wieder heim. Stellte seine Diagnose auf Distanz fest, dass eine Besserung eintreten könnte, trat er in die Kammer, griff unter die Tuchent nach der Wade: “Is nu warm, hab erst gestern gsagt, dass sie a zachs Leben hat! Kimm ihr nu um a Medizin, solls weida nehma!“ das wurde dann befolt bis zur Genesung.

Ein Bäuerlein litt einst unter härtester Stuhlverstopfung. Es trank seinen Liter Arzneien auf halben Heimweg aus, kehrte aber, weil die erhoffte Wirkung nicht sofort eintrat, wieder um und bat um eine zweite Flasche, Peither warf den sich seiner Anordnung nicht Fügenden jedoch zur Türe hinaus.

Als Zahnarzt und Geburtshelfer war er gefürchtet. Wenn ein Mann beim ansetzen der Zange nur leicht zuckte, erhielt dieser eine klatschende Ohrfeige, musste entweder den Zahn austoben lassen, oder zu Peithers Konkurrenten, den alten Windhager, aufsuchen, einen Bauer in der Edt, suchen, dessen Operationsstuhl die „Gred“ war, wo er den Patienten Kopf zwischen die Knie nahm und prompt und billig den Zahn herausholte.

Frauen steckten sich selbst vor der Entbindung einen Knebel in den Mund, damit Peither sie nicht hörte, wenn sie wimmerten. Er unterbrach beim geringsten Schmerzenslaut die Operation unweigerlich. Chirurgischen Eingriffen wich er überhaupt gerne aus. Abszesse schnitt er nur auf, dann herrschte er den Patienten an: „Fahr ab, du Racka!“

Besonderen Ruf genoss Peither als Spezialist für Lungenentzündungen. Seine verordneten kalten Wickel wirkten immer ein Wunder. Verhasst waren den überaus geruchsempfindlichen Parfüm und riechende Seife. Darnach Duftende war er zur Tür hinaus: „Fahr ab, du gstungene Sau!“

Die Honorarnoten sind nie hoch gewesen. Von den armen Leuten, und da kommen wir auf den weichen Kern, verlangte er regelmäßig nur: „Schau, dass´t weiterkumst, hast eh kein Geld!“ Die Patienten nach ihrer Zahlungskraft einzustufen, ging bei ihm so weit, dass er jeden Eintretenen durch seinen zahmen Star begrüßen ließ: „ Hast  a Geld? Hat a Geld?“ Dreimaliges rasches hersagen eines Wortes oder Satzes war eine seiner zahlreichen Eigenarten. Zurückkommen auf seine Geruchsempfindlichkeit, blieb er in der Kirche nie lange, da er den Weihrauch ebenfalls nicht vertrug. Während des gesamten Gottesdienstes sah man ihm im Freien bei der Ölbergstiege lehnen. Seine Beichte war kurz, indem er nur einen Moment sich im Beichtstuhl hockte, um ihn gleich wieder zu verlassen.

Seine Tierliebe war so ausgeprägt, dass er seiner alten Kuh, deren Milch allmählich versiegte, bei einem Bauern ein Ausgedinge erhandelte. Nie durfte er erfahren, dass deren seliges Ende schließlich doch in der Wurst lag. Sehr besorgt war er um das Heil aller, die in seinem Dienst standen. So durfte niemand zum Pflücken der Früchte seines großen Nussbaumes, der im Garten stand und auf dem gegen hundert Nistkästen für Stare hingen, besteigen. Das geschah nur, während er außer Hauses weilte. Vielleicht scheute er davor, etwa einen Knochenbruch behandeln zu müssen. Solche Fälle waren ihm kaum untergekommen, weil man dazu überlieferungsgemäß nur den „Spezialisten“ konsultierte, den Beinrichter von Landshag.