Geschichte der Hubertus Kapelle

Die Geschichte der Hubertuskapelle hielt Hugo Gielge in seiner Jäger-Chronik fest. Er überlieferte folgendes:

Anfang Mai 1956 fand in Breuers Gasthaus „zum Kuhwirt“ in Berndorf eine Jagdbesprechung statt. Hiezu hatte Hegerringleiter und Jagdherr Med. Rat Dr. Anton Buchgeher alle Mitpächter und Jagdfreunde von Linz, Gramastetten und Ottensheim eingeladen. Dabei kam der bereits geplante Bau einer Hubertuskapelle zur Sprache. Dr. Buchgeher wies mit begeisternden und überzeugenden Worten auf den tieferen Sinn zur Errichtung einer solchen Kapelle hin. Erstens sollte es der innigste Dank an Sankt Hubertus sein, dass er die Gramastettner Jäger und alle die mit ihnen in diesem schönen Revier dies herrliche Weidwerk ausübten, seit Menschengedenken von einem größeren Jagdunglück bewahrt hat. Gleichzeitig sollte damit die Bitte angeknüpft werden, auch weiterhin Schutzherr der Jäger und Beschirmer des Wildes zu sein. Ferner sollte der Dank zum Ausdruck kommen, dass drei der Weidkameraden, Dr. Anton Buchgeher, Karl Obermeyr (Fabrikant in Urfahr) und Michael Lindbauer (Gasthofbesitzer in Urfahr) von einer schweren Krankheit genesen sind. Anschließend wurden Skizzen und Pläne von Hugo Gielge besichtigt und eingehend besprochen. Dem Ersuchen, Dr. Buchgeher möge der Protektor dieses Baues sein, wurde gerne zugestimmt. Der Jagdherr erklärte sich obendrein bereit, für dieses Werk den Baugrund in der Nähe der Kalvarienbergkirche zur Verfügung zu stellen. Alle Anwesenden sagten zu, zur Errichtung dieser Hubertuskapelle einen entsprechenden Robot und Obolus zu leisten. Die Kapelle sollte auch späteren Jägergenerationen Zeugnis geben von einer ehrlichen Jagdkameradschaft, vom guten Geist des edlen Weidwerks und von der damaligen Bitte an Sankt Hubertus, er möge der Schutzherr und dem Wilde gnädiger Beschirmer sein.

 

Es bildete sich ein Baukomitee aus folgenden Weidkameraden:

Protektor und verantwortlicher Bauleiter: Med. Rat Dr. Anton Buchgeher

Entwurf, Bauzeichnung und Innenschmuck: Hugo Gielge, Kaufmann

Organisator für Gemeinschaftsarbeit: Leo Gütlbauer, Fachlehrer

Tischler und Holzfacharbeiten: Josef Riener, Tischler

Maurermeisterarbeiten: Eduard Hamberger, Maurerpolier

Spedition, Zubringung sämtlicher Baumaterialien: Franz Hofer, Autofuhrwerksunternehmer

Am 26. Mai 1956 fand der Spatenstich statt. Weidkameraden fanden sich an diesem Tage mit Krampen und Schaufeln am Bauplatz ein, welchen Dr. Buchgeher kostenlos zur Verfügung gestellt hatte, um auf Grund eines bereits vorliegenden und von der Baubehörde genehmigten Bauplanes die Grundfesten auszuheben. Gleichzeitig brachte Autounternehmer Weidkamerad Franz Hofer die ersten von mehreren Jagdkameraden mit Steinen und Schotter beladenen LKW heran. Als Arbeitstage waren die Samstage bestimmt. Für den Aufbau dieser Kapelle hatten sich folgende Weidkameraden uneigennützig mit Handarbeit zur Verfügung gestellt:

Med. Rat Dr. Anton Buchgeher, Arzt; Hugo Gielge, Kaufmann; Stefan Reischl, Jäger; Anton Dannerer, Bauer; Johann Mikschl, Steyrwerke; Bruno Lackner, Forstgehilfe; Sepp Pointner, Landwirt; Karl Reiter, Postangestellter; Leo Gütlbauer, Fachlehrer; Eduard Hamberger, Polier; Josef Auinger, Jäger; Karl Dannerer, Landwirt; Franz Breuer, Gastwirt; Josef Durstberger, Mechaniker; Hans Berger, Versicherungsinspektor; Josef Riener, Tischler; Franz Hofer, Autounternehmer; Alfred Maurer, Bäcker; Johann Hackl, "Hemeripper" Bauer; Karl Holzinger, Bauerssohn; Alois Burgstaller, Tischler sowie Walter Altmüller.         

Außerdem waren der Maurer Franz Kern, der Steinarbeiter Franz Hanner sowie die Zimmerer Josef Atzesberger sen. und jun. angeworben worden, die entgegenkommender Weise um sehr mäßiges Entgelt fleißig mitgearbeitet haben.

An 17 Samstagen und einigen anderen Wochentagen wurde hauptsächlich gemeinsam gearbeitet. Es  wurden zusammen über 1200 Arbeitsstunden geleistet.

Großzügig zeigten sich die Weidkameraden, denen es nicht möglich war, unmittelbar mitzuhelfen. Sie förderten den Bau mit Spenden von Geld und kunstgewerblichen Gegenständen und trugen so zu einer würdigen Ausgestaltung mit bei:

 

Karl Obermeyr

Fabrikant in Urfahr

Glocke und Turmkreuz

Michael Lindbauer

 

Gasthofbesitzer in Urfahr

 

Eisentüre, Fenster mit Glas,

2 Steinstufen

Franz Rieseneder

Ziegelwerk Ottensheim

Ziegelbedachung

Josef Breuer

Sägewerk in Edt/Eidenberg

kompletten Dachstuhl

Josef Penn

 

Mühle und Sägewerk

 

Eichen-Glockenturm u.

Außenverschalung

Oskar Hinterleitner

Fabrikant in Linz

2 Keramik Vasen

Walter Antlanger

Dentist in Linz

Geldspende

Dr. Heinz Mayrhofer

 

Linz

 

Kupferne Gedenktafel

für tote Weidmänner

Rudolf Baumgartner

Gastwirt Gramastetten

Geldspende

Josef Ebeldseder

Kaufmann Linz

Ausgestaltung Jägerfahne

Josef Frittajon

Steinindustrie Urfahr

Terrazzoboden

Franz Durstberger

Diers in Hamberg

Steine, Steinsäulen

Franz Hofer

 

Autounternehmer

 

Zement, Schotter, Sand,

Materialzubringung

Karl Rinner

 

Spenglermeister

 

Eindachung des Turmes,

Dachwiegen

Josef Riener

 

 

Tischler

 

 

Mobiliar, Bilderrahmen,

Tischlerarbeiten,

Wandverschalung

Herwig Berger

Student

Schnitzarbeiten

Dr. Anton Buchgeher

 

Arzt

 

Innenholz, Christus, Laterne,

Geweihe, usw.

Dr. Rolf Buchgeher,

Geschwister u. Gattin

 

Fahnenband für die Jägerfahne

 

Hugo Gielge

 

Kaufmann in Gramastetten

 

Hubertusbild, Spruchtafel,

Chronik, Bauplan, usw.

 

Nicht unwesentlich beteiligten sich auch die Frauen der Jäger als „Fahnenpatinnen“ mit Barspenden und trugen so in lieber Kameradschaft ihr Scherflein zu diesem Gemeinschaftswerk bei.

Nicht nur die Umsicht zur Beschaffung des gesammelten Materials für den Bau, sondern auch viel schriftliche Verwaltungs- und Organisationsarbeit war zu erledigen und erforderte Mühe und Zeit, die hauptsächlich durch Med. Rat Dr. Buchgeher und Fachlehrer Gütlbauer bewältigt wurde.

Mit idealer Hingabe, Fleiß und Liebe zum Werk war am 4. August der Rohbau mit Türmchen und Bedachung fertig, wobei eine kleine bescheidene Gleichenfeier stattfand.

Ende September war nun die Fertigstellung des Baues, resp. der Hubertuskapelle, mit der ganzen Anlage und Ausstattung durchgeführt. Der Aufwand an Baumaterial betrug laut Zusammenstellung 1650 kg Zement, 12 Fuhren Steine, 4 Fuhren Schotter und Sand, 200 kg Kalk, 46 Mauerziegel, über 1400 Dachziegel und 3 m³ Holz für Dachstuhl und Turm.

 

Am 13. Oktober 1956 wurde die Kapelle schließlich feierlich eingeweiht.

Die alten Fotografien aus der Sammlung von Günther Gielge zeigen, dass die Kapelle einst auf freier Wiese errichtet wurde. Während Hugo Gielge auf der ganz unten auf dieser Seite stehenden Zeichnung noch die heranwachsenden Bäume festhielt, steht die Kapelle heute am Rand eines ausgewachsenen Waldes.

Das efeubewachsene Geviert des den Weidmännern heiligen Ortes begrenzen kleine Steinsäulen, zwischen denen an der vorderen Linie Eisenketten ausgespannt sind. Über ein paar Stufen steigt man zu einem überdachten Vorplatz empor. Zwei Holzbänke laden den Besucher zum Verweilen ein. Die Wiese vor der Kapelle gibt den Blick auf den Markt Gramastetten frei.

Ein mit Ziegeln gedecktes, moosbewachsenes Walmdach erstreckt sich über den Vorplatz und wird hier von zwei vierkantigen Granitsäulen getragen, die gedrehte Eisenstangen mit dem Mauerwerk zu beiden Seiten verbinden und so eine Rückenlehne für die Sitzbänke bilden. Auf dem Dach reitet ein kleiner Holzturm, der die Glocke der Kapelle beherbergt. Der Turmhelm trägt ein Kreuz, das von einem Hirschgeweih umkränzt wird. An der Holzdecke des Vordaches gibt eine mit Eichenlaub umrahmte Holztafel die Jahreszahl der Erbauung an. Das aus Bruchsteinen aufgemauerte Gotteshaus betritt man durch eine eiserne Gittertür. Der Boden und die Fensterbänke sind mit graugrünen Terrazzofliesen ausgelegt. Die Wände tragen bis in Fensterhöhe eine Holzverkleidung. An der Decke hängt eine mit Butzenscheiben verglaste Laterne. Die mit Eisengittern und mit butzenscheibenähnlichen Tafeln versehenen Fenster fügen sich in erkerartig vorgebaute Wandnischen ein.

Unweigerlich richtet der Besucher den Blick auf das Kapellenbild über dem Altar. Hugo Gielge stellt hierin die Begegnung des Hl. Hubertus mit dem weißen Hirschen dar. Der Jägersmann Hubertus ist vom Pferd gestiegen und hält, geblendet vom strahlenden Kreuz, das der Hirsch zwischen dem Geweih auf dem Haupt trägt, den rechten Arm vor die Stirne.

Der Legende nach entstammte Hubertus einer aquitanischen Adelsfamilie und wurde in der Mitte des 7. Jh. geboren. Er hatte jung geheiratet und bei der Geburt des ersten Kindes seine Frau verloren. Aus Schmerz zog er sich in die Wälder zurück und suchte Vergessen in der Jagd. Dort soll er eines Tages einen Hirsch erblickt haben, der ein Kreuz zwischen dem Geweih trug. Die Erscheinung nahm Hubertus zum Anlass, sein Leben gänzlich Gott zu widmen. Er wurde Priester und wirkte im Brabant und in den Ardennen. Um 700 wurde er zum Bischof geweiht. Man weiß, dass er seinen Bischofssitz von Maastricht nach Lüttich verlegte und bis zu seinem Tod im Jahre 727 viel zur Christianisierung der Bevölkerung in den Ardennen beitrug.

Die Geweihtrophäe unter dem Hubertusbild in der Kapelle belegt den längst vollzogenen Wandel in der Aufgabenstellung der Jägerschaft als Wildhüter. Die Aufschrift lautet: „Der letzte auf freier Wildbahn lebende Hirsch im Revier Eidenberg. 1836 erlegt!“ Über dem Altarbild hängt ein geschnitztes Kruzifix. An der Wand steht in der Mitte ein kleiner Altartisch mit einer versperrbaren Lade. Zum Schmuck der Kapelle tragen zwei große Keramikvasen rechts und links des Altares bei. Die Holzpodeste, auf denen die Vasen stehen, zeigen Jagdmotive. Eingerahmt von Eichenlaubornamentik erkennt man links einen balzenden Auerhahn, rechts zwei munter hüpfende Hasen. Rechts über dem Altar wurde ein großer Baumschwamm angebracht. Die Seitenwände der Kapelle sind mit Jagdtrophäen bestückt. Eine Kupfertafel über dem rechten Fenster gibt ein Gebet zum Patron der Jägerschaft wieder. Neben dem Altar hängt an der rechten Seitenwand ein Herz Marien-Bild. Rechts neben dem Eingang findet man eine Gedenktafel mit spitzbogiger Graniteinfassung: „Den toten Weidkameraden 10. 6. 1956“. Darunter brennt in einer kleinen Laterne ein Licht. Linker Hand des Einganges künden zwei Ehrendiplome vom „best durchgeführten Hegeabschuß“. Eines der Diplome stellte der Landesjägermeister des Oberösterreichischen Landesverbandes am 20. 2. 1956 der Jagdgesellschaft Gramastetten I mit ihrem Jagdleiter MR Dr. Buchgeher aus. Das zweite Diplom erhielt zwei Jahre später die Jagdgesellschaft Eidenberg.

 

An der Seitenwand links neben dem Altar erinnert eine Zeichnung von Hugo Gielge an den Erbauer der Kapelle, den Gramastettner Gemeindarzt und Jagdkameraden Dr. Anton Buchgeher. Die Rückseite des Bildes trägt folgende Widmung:

„Dem Erbauer der Hubertuskapelle Medizinalrat Dr. Anton Buchgeher zum Gedenken. Als langjähriger Gemeindearzt in Gramastetten, Ehrenbürger der Gemeinden Gramastetten, Eidenberg und Lichtenberg verbrachte er ein Leben voll helfender Liebe. Er war Beirat im Landes- und Bezirksjägerausschuss, Hegerringleiter und Jagdherr der Reviere Gramastetten und Eidenberg. Obmann und Ehrenmitglied des Kameradschaftsbundes, Korpsarzt und langjähriges Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr – Initiator für Großrenovierung der Kriegergedächtniskirche am Kalvarienberg – nicht zu letzt war er ein großer Helfer der Armen. Er wurde von der ganzen Bevölkerung geschätzt und geehrt. Er starb am 16. Juni 1960 um 1.15 Uhr im 67. Lebensjahr – Zum letzten Gang läutete das Glöcklein der Hubertuskapelle, 200 Jäger gaben ihm das letzte Ehrengeleite und mit einem Weidmanns Heil! den letzten Bruch in das kühle Grab.“

 

Auszug aus dem Heimatbuch "Marterl und Kleindenkmäler in Gramastetten" (c) Dr. Thomas Schwierz