Geschichte 19/2024

Gramastettner Geschichte 19/2024

Johann Pertzl – der letzte Nachtwächter 1853–1946

Pertzl hatte viele Berufe

Johann Pertzl wurde 1853 in Gramastetten geboren. Er übernahm von seinem Vater das Hafnerhaus und erlernte bei ihm das Hafner- und Töpfergewerbe. Man kannte ihn nur unter dem Namen „Hafner“. Eine bescheidene Landwirtschaft, deren Futterertrag für zwei Ziegen reichte, ein Nebenverdienst als Gemeinde- und Kommunendiener sowie eine Anstellung als Gemeindepolizist ermöglichten Pertzl das Auslangen. Pertzl war auch Gründungsmitglied der Freiwilligen Feuerwehr.

Johann Pertzl übernahm trotz seiner schmächtigen und kleinen Gestalt am 15. Dezember 1889 die Stelle des Nachtwächters von seinem Vorgänger Johann Karl, vulgo „Strumpfhans“. Seine nächtlichen Rundgänge trat er immer mit seiner Hellebarde an und wenn an Kirtagen Raufereien zu erwarten waren, schnallte er sich auch seinen Säbel um.

Zu solchen Anlässen konnte es passieren, dass er einen Betrunkenen mit dem Radlbock zur Ausnüchterung in den Gemeindearrest transportierte, der sich im ehemaligen Bürgerspital (heute Schmiedberg 1) befand. Im äußersten Notfall, wenn eine Übermacht seine Amtswürde nicht mehr ernst nahm, forderte er Gendarmerie-Assistenz an.

Pertzl wurde 94 Jahre alt

Als Pertzl über 70 Jahre alt war und ihm die Nächte zu anstrengend wurden, legte er unter Begründung seines hohen Alters in der Bürgerversammlung am 14. Februar 1930 sein Amt nieder. Als Dank der Bürger wurde er als Kommunen-Diener weiter beschäftigt. Dafür erhielt er monatlich einen Lohn von 8 Schilling. Am 8.12.1930 wurde er mit der 40-jährigen Nachtwächter-Dienstmedaille vom Bezirkshauptmann ausgezeichnet.  Johann Pertzl wurde 94 Jahre alt und starb am 19. März 1946.

Keine Nachtwächter mehr seit 1930

Johann Pertzl war bis 1930 der letzte Nachtwächter von Gramastetten. Nach ihm wurden keine mehr bestellt, weil sie nicht mehr gebraucht wurden. Es gab bereits sechs Straßenlaternen mit Petroleumlampen, die Pertzl noch zu betreuen hatte. Sie wurden um 1930 durch elektrische ersetzt. Die Stroh- und Holzschindeldächer waren großteils einer harten Deckung gewichen, so war auch ein Marktfeuer unwahrscheinlicher geworden.

(c) Auszug aus den Büchern „Unser Gramastetten – Hausgeschichten“ von Günther Gielge und Herbert Ginterseder. Das zweite Buch ist am Gemeindeamt, im Winkler Markt und beim Kulturforum erhältlich.

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